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Siedlungsgeschichte, Alter der Ansiedlungen

Alter der Siedlungen

Erst zwischen 1618 und 1786 ließ der Pfleger des Passauischen Amtes Wolfstein im bis dato noch gänzlich unbesiedelten Grenzgebirge 21 Ortsgründungen in Höhenlagen zwischen 715 und 1110 m ü. NN.vornehmen. In der gleichen Zeit wurde auch auf böhmischer Seite die Siedlungsgrenze gegen die Landesgrenze vorgeschoben (allerdings sind dort seit 1945 alle Orte wüstgelegt worden).

Folgende Motive waren für die Siedlungsgründungen ausschlaggebend:
  • Festlegung und Sicherung des Grenzverlaufs;
  • Inwertsetzung bisher ungenutzten Gebietes im Sinne merkantilistischer Wirtschaftspolitik
    Nutzung der Wälder bzw. Erzielen von Steuereinnahmen)
  • Instandhaltung der Straßen, Wege und Brücken sowie Möglichkeit der Übernahme von Säumertätigkeiten.

Die Ansiedlungen im Einzelnen
 
Leopoldsreut 1618 (1109m ü. NN)

wurde als erste Reihensiedlung an der Straße nach Prachatitz ('Goldener Steig') gegründet. Die heute wiederaufgeforstete Wüstung war eine lineare Siedlung aus neun Gründungsanwesen in regelmäßiger Anlage. Die planmäßige Anlage der Ortsform findet in der anschließenden Flur ihre Entsprechung.

Bischofsreut 1705 (982m ü. NN)

Mit der Anlage von Bischofsreut, 1705, wurde der Grenzort am Hauptast des "Goldenen Steiges" (seit 1618 in Leopoldsreut) noch einmal nach Nordosten verschoben. Da der Verkehrsweg zu dieser Zeit kaum noch Bedeutung für den Fernhandel besaß, dürfte die Sicherung des Territoriums und der Grenze Hauptmotiv der Siedlungsgründung gewesen sein. Zudem hatten die Siedler die Pflicht zur Wegeunterhaltung. Die Anlage Bischofsreuts erfolgte als Waldhufendorf mit jeweils sieben breitstreifigen Hausörtern beiderseits der Straße. Die Höfe sind entlang des Verkehrsweges aufgereiht, d.h. in Höhenlage, während sich die Flurstücke den Hang hinabziehen.
Da die Ertragslage auf den zunächst gerodeten Fächen jedoch zu gering war, führte man bereits 1713-15 Nachrodungen durch (Stierhofreuter, Langreuter, Weberbergreuter, Fuchslöcher). Zudem gewährte der Grundherr den Siedlern das "Blumenbesuchsrecht" (Waldweide). 1749 kamen weitere Raumreuter, z.T. als isolierte Rodungsinseln, hinzu (Zassauer Raumreut in Schnellenzipf, Raumreut am Eibenberg, Stierwiese und Gstöckert in der Lehmgrub). Diese Zurodungen wurden unter allen 14 oder jeweils unter sieben Siedlern aufgeteilt (HÖPFLER, 1965).
Die 14 Besitzer errichteten zunächst ein Hirtenhaus, sieben Haarhäuser (für die Berarbeitung des Flachs und ein Backhaus. Mitte des 18. Jhds. waren dann schon folgende Gewerbe im Ort ansässig: ein Wirt, ein Hufschmied, ein Mauerer, zwei Mühlen (Marchmühle, Haberaumühle), Leinweber und Färber. Im Urbar von 1788 sind bereits 18 landwirtschafliche Anwesen genannt, davon 15 Großhäusler, 2 Kleinhäusler und 1 Hirtenhaus.
Zwischen 1773 und 1830 wurden sechs weitere Siedlungen gegründet:

Marchhäuser 1773 (855-890m ü. NN.)
Angelegt bei der Marchmühle, die bereits seit 1721 bestand. Die Siedlung wurde wegen des zu steilen Geländes als Reihe von Einzelhöfen angelegt. Ursprünglich waren es zwei Siedler.

Auersbergreut 1786 (865m ü. NN.)
Eine Hufensiedlung mit ursprünglich sechs Siedlern. Die Höfe liegen inmitten der zugehörigen Breitstreifenparzelle, nicht an deren Schmalseite. Es wurden insgesamt drei Zusatzflächen gerodet, die jeweils unter alle schs Siedler aufgeteilt wurden.

Schwarzenthal 1820(865m. ü. NN.)
Hier bestanden von 1820 - 1857/59 zwei Glashütten und neun Wohngebäude für die Arbeiter. Nach Schließung der Hütten wurde der Ort zur Waldarbeitersiedlung für zwölf Familien. 1865 wurde ein Sägewerk errrichtet.

Theresienreut 1830(840m ü. NN.)
Der Ort besteht aus Einödhöfen auf gleichgroßen, fast quadratischen Flurstücken. Ursprünglich bestanden vier Anwesen in Ober- und drei in Untertheresienreut. Eine Zurodung erfolgte in Untertheresienreut.

Schnellenzipf 1830(830m ü. NN.)
Die Rodungsinsel wurde in drei Abschnitten von 1749 bis nach 1830 angelegt. 1830 existierten hier zwei landwirtschaftliche Anwesen im äußeren Teil der Flur, nach 1840 auch einige im inneren Teil. Für 1889 sind insgesamt sieben Häuser belegt.

Langreut 1830
Eine Rodungsinsel, die bis 1795 von Bischofsreut aus angelegt wurde. 1830 und 1840 entstanden hier jeweils ein landwirtschaftliches Anwesen.

Entwicklung im 19. Jahrhundert
 
Nachdem sich seit 1817 zusätzliche Verdiensmöglichkeiten durch die Nutzung des Holzes boten, setzte im gesamten Gemeindegebiet eine beträchtliche Zuwanderung ein. 1840 existierten in Bischofsreut selbst neben den 14 alten Höfen bereits 20 Gebäude von Zusiedlern. Auch in den anderen Orten kam es zu einer gewissen baulichen Verdichtung. Die Landwirtschaft verlor hingegen immer mehr an Bedeutung, viele Kleinhäusler wanderten im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts in die Industrie oder nach Amerika ab. Verlassene Ortsfluren wurden wieder aufgeforstet. Mit Anlage des Weberaubachkanals 1862 war die Holztrift über die Wasserscheide nach Passau hin möglich geworden.
Die gesellschaftliche Umwälzungen ab 1848 (Bauernbefreiung) ermöglichten Hofteilungen und Flurzersplitterung. Dabei wurde die Landwirtschaft oft nur als Nebenerwerb fortgeführt. Gegen Ende des 19. Jhs. begann eine bauliche Umgestaltung der Höfe zumindest im Hauptort Bischofsreut (u.a. Ersatz des ursprünglichen Blockbaus durch den Steinbau und der schwach geneigten Dächer durch Steildächer).
Quelle: Landschaftspflegekonzept Bischofsreut 1991)
triftkanal Triftkanal Foto:FNL


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